Petra M. Jansen: Romantik
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Fragen an Petra, Thema „Romantik“, im Interview mit Pierre Mathias
Liebe Petra, wie stehst du zur Romantik in der Liebe? Gehört sie dazu?
Ja, Romantik ist etwas für´s Herz und die Seele und gehört zu der Liebe im gesunden Maß dazu. Der Harfe spielende Mann unter dem Fenster seiner Geliebten, um deren Gunst er wirbt, das ist ergreifend schön. Wir fließen dahin beim Mitfühlen der romantischen Filmszenen und in der Musik ist die romantische Liebe Grundlage vieler Kompositionen und Songtexte. Kein Thema hat so einen hohen Stellenwert in den Bereichen Literatur, Musik, Film oder darstellende Kunst. Doch Vorsicht ist angesagt, Pierre – allzu oft wird etwas romantisiert und das fernab der Realität.
Kann Romantik eine Gefahr sein? Ist sie verlogen?
Romantisch zu empfinden ist nicht verlogen, ist menschlich. Aber die Romantik als Epoche hat die Grundlage für viel Schlechtes geliefert und diese Bewegung ist gerade wieder hochaktuell. Romantiker beschäftigten sich schon damals intensiv mit der Gefühlswelt und der empfundenen Spaltung der Welt in Vernunft und Emotionen. Die Fragmente spielten eine große Rolle, eine tiefgreifende Betrachtung der menschlichen Psyche. Heute wird das Mittelalter und seine Mythen idealisiert, eine Flucht vor der kalten Realität, so sehe ich das. Insofern ist es eine Idealisierung, ein trügerisches Bild des Ist-Zustandes und in der Tat eine ernsthafte Bedrohung.
Kann die Schwelle zwischen Romantik und Morbidität nicht fließend sein?
Was morbide ist, kann angegriffen werden. Sind wir also nicht stabil, klassisch offen stabil und geben uns diesen Strömungen hin, ist die Frage, was führt zu dieser Morbidität und wie können wir ihr entrinnen, ohne versteckte Strömungen zu verherrlichen, die uns ins Verderben bringen? Wir sollten uns hinterfragen und von einer ganz anderen Seite da ran gehen. Träume sind schön und wichtig, romantische Gefühle begleiten den Menschen und das ist gut so. Aber bitte maßvoll und mit gesundem Menschenverstand. Auch der Ritter und das Burgfräulein von heute, muss sich hinterfragen und der realen Welt ins Auge blicken anstatt nach hinten.
Romantik bedeutet auch schwärmen. Hat das mit der Realität etwas zu tun?
Romantiker verherrlichen ein finsteres Zeitalter. Eine unendliche Todessehnsucht (erkennbar bei den Gothics), undefinierbare mystische Begebenheiten, nordische Mythologien, die sowieso missbraucht wurden. Sie hecheln und verehren ein völlig falsches Bild von Rittertum und Mittelalter, was mit Realität nicht das geringste zu tun hat. Insofern ist Heine eine Kultfigur, der richtigerweise fragte, was bewegt die Menschen eigentlich in die Totengräber hinabzublicken und sah die Bedrohung der Freiheit und Zukunft seines Vaterlandes. Recht hat er.
Romantik kann auch zum Verderben führen, wie wir in der deutschen Geschichte erfahren haben. Ist das so?
Ja, das ist so, Pierre. Ich denke auch an die wahnsinnige Ausbreitung der Romantik am Ende des 18.Jahrhunderts, als die französische Revolution und Napoleon den Kontinent mit Kriegen überzog und die zuvor geführten, diplomatischen Lösungen nicht mehr aktuell waren. Die romantischen Wünsche entfachten und entfachen immer noch enorme Phantasien, die fanatisch umgesetzt wurden und werden. Es wurden Helden gesucht, an die sich die Menschen halten konnten, wie Admiral Nelson, Napoleon oder Blücher in Preußen. In Deutschland wurden die Romantiker von nationalistischen Strömungen beeinflusst, die Verehrung des Mittelalters bot eine Grundlage. Heinrich Heine war scharfer Kritiker der deutschen Verhältnisse.
Beinhaltet der Romantik eine Form der Impotenz?
Ja, vielleicht die Impotenz, mit den heutigen Belangen und Situationen nicht mehr wirklich klar zu kommen. „Du bist aber ein Romantiker“, hört man oft und es bedeutet eine Abwertung. Eine Weltflucht außerdem, Hinwendung zur Vergangenheit, Abwendung des Realen und Führung ins Private. Nährboden für Unfreiheit, Boden für verwerfliche Strömungen und ich nehme wieder Heine: „wir stehen am Beginn einer Katastrophe“.
Versteckt die Romantik nicht die Realität?
Viele junge Menschen flüchten sich in einen romantischen Mittelalter- oder Liebeswahn, der tatsächlich nicht mit der Realität überein stimmt. Die „blaue Blume“ – zentrales Symbol für Sehnsucht, innere Einheit, Unendlichkeit, Heilung – ist es, nach der jeder Mensch sucht. Ricarda Huch sagte „ohne es zu wissen, nenne man es nun Gott, Liebe oder Ewigkeit“. Denken wir an die Schauplätze, wie Friedhöfe, dunkle Wälder, Höhlen oder alte Burgen – das sind mystisch empfundene Orte. Romantik ist Vergangenheit. Ihr haftet das Märchenhafte an, das Sagenumwobene, das Mystische…die Suche nach Vollendung, nach ewiger Harmonie, nach tiefer Leidenschaft. Und das Ganze unbedingt unendlich und glückselig. Das aber gibt es nicht, Pierre.
Ist das noch zeitgemäß zu schwärmen?
Wir Menschen werden hoffentlich niemals aufhören, zu schwärmen. Es gehört zum Leben dazu und macht glücklich. Ein Kompensator gewissermaßen, wie unsere unerfüllten Träume. Das kraftvolle Potential der Schwärmerei steckt in vielen Dingen, in der Musik, dem Fernweh, der Liebe, der idealisierten Romantik, die gar nicht so romantisch war, denn sie waren von Krankheiten gebeutelt, von Dreck, Abwendung der Klassik und vielem mehr. Aber das lassen die heutigen Heros der Romantik außen vor, eine absolute Fehlinterpretation der Geschichte ist das.
Welche Rolle hat die Romantik beim Faschismus gespielt?
Wir sollten höchst beunruhigt sein, dass die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse derzeit, Boden für neue faschistische Diktaturen bieten, die schlimmer sein werden als in den 30er Jahren. Eigentlich waren die Romantiker gar keine Romantiker sondern Agenten. Friedrich Schlegel arbeitete später offen für Metternich oder Gentz. Sehr schnell waren die Romantiker politisch involviert und zwar immer!
Kann Romantik nicht mit einer herrlichen Giftpflanze verglichen werden?
Romantik in der Literatur versuchte, den Riss der durch die Welt und die Menschen geht, zu heilen. Giftige Pflanzen haben oft die schönsten Blüten, deren Duft sich breit entfaltet und betörend zerstörend sein kann. Ich nannte es oben bereits und beobachte mit Besorgnis all die jungen Menschen, die sich in diese Welt der Romantik flüchten, die Gothic-Szene zum Beispiel. Unter dem Dreckmantel der schwarz-blauen Blume werden psychische Störungen, Erniedrigung (BDSM-Szene), Borderliner, sensible Menschen und vieles andere zusammengeführt.
Die griechische Klassik war die Geburt der Menschenwürde, der Menschenrechte, der Autonomie, der Freiheit – nicht die Romantik. Für mich tatsächlich eine fatale Bewegung, Pierre.
© Petra M. Jansen
Fragen an Petra, Thema „Romantik“, im Interview mit Pierre Mathias
Liebe Petra, wie stehst du zur Romantik in der Liebe? Gehört sie dazu?
Ja, Romantik ist etwas für´s Herz und die Seele und gehört zu der Liebe im gesunden Maß dazu. Der Harfe spielende Mann unter dem Fenster seiner Geliebten, um deren Gunst er wirbt, das ist ergreifend schön. Wir fließen dahin beim Mitfühlen der romantischen Filmszenen und in der Musik ist die romantische Liebe Grundlage vieler Kompositionen und Songtexte. Kein Thema hat so einen hohen Stellenwert in den Bereichen Literatur, Musik, Film oder darstellende Kunst. Doch Vorsicht ist angesagt, Pierre – allzu oft wird etwas romantisiert und das fernab der Realität.
Kann Romantik eine Gefahr sein? Ist sie verlogen?
Romantisch zu empfinden ist nicht verlogen, ist menschlich. Aber die Romantik als Epoche hat die Grundlage für viel Schlechtes geliefert und diese Bewegung ist gerade wieder hochaktuell. Romantiker beschäftigten sich schon damals intensiv mit der Gefühlswelt und der empfundenen Spaltung der Welt in Vernunft und Emotionen. Die Fragmente spielten eine große Rolle, eine tiefgreifende Betrachtung der menschlichen Psyche. Heute wird das Mittelalter und seine Mythen idealisiert, eine Flucht vor der kalten Realität, so sehe ich das. Insofern ist es eine Idealisierung, ein trügerisches Bild des Ist-Zustandes und in der Tat eine ernsthafte Bedrohung.
Kann die Schwelle zwischen Romantik und Morbidität nicht fließend sein?
Was morbide ist, kann angegriffen werden. Sind wir also nicht stabil, klassisch offen stabil und geben uns diesen Strömungen hin, ist die Frage, was führt zu dieser Morbidität und wie können wir ihr entrinnen, ohne versteckte Strömungen zu verherrlichen, die uns ins Verderben bringen? Wir sollten uns hinterfragen und von einer ganz anderen Seite da ran gehen. Träume sind schön und wichtig, romantische Gefühle begleiten den Menschen und das ist gut so. Aber bitte maßvoll und mit gesundem Menschenverstand. Auch der Ritter und das Burgfräulein von heute, muss sich hinterfragen und der realen Welt ins Auge blicken anstatt nach hinten.
Romantik bedeutet auch schwärmen. Hat das mit der Realität etwas zu tun?
Romantiker verherrlichen ein finsteres Zeitalter. Eine unendliche Todessehnsucht (erkennbar bei den Gothics), undefinierbare mystische Begebenheiten, nordische Mythologien, die sowieso missbraucht wurden. Sie hecheln und verehren ein völlig falsches Bild von Rittertum und Mittelalter, was mit Realität nicht das geringste zu tun hat. Insofern ist Heine eine Kultfigur, der richtigerweise fragte, was bewegt die Menschen eigentlich in die Totengräber hinabzublicken und sah die Bedrohung der Freiheit und Zukunft seines Vaterlandes. Recht hat er.
Romantik kann auch zum Verderben führen, wie wir in der deutschen Geschichte erfahren haben. Ist das so?
Ja, das ist so, Pierre. Ich denke auch an die wahnsinnige Ausbreitung der Romantik am Ende des 18.Jahrhunderts, als die französische Revolution und Napoleon den Kontinent mit Kriegen überzog und die zuvor geführten, diplomatischen Lösungen nicht mehr aktuell waren. Die romantischen Wünsche entfachten und entfachen immer noch enorme Phantasien, die fanatisch umgesetzt wurden und werden. Es wurden Helden gesucht, an die sich die Menschen halten konnten, wie Admiral Nelson, Napoleon oder Blücher in Preußen. In Deutschland wurden die Romantiker von nationalistischen Strömungen beeinflusst, die Verehrung des Mittelalters bot eine Grundlage. Heinrich Heine war scharfer Kritiker der deutschen Verhältnisse.
Beinhaltet der Romantik eine Form der Impotenz?
Ja, vielleicht die Impotenz, mit den heutigen Belangen und Situationen nicht mehr wirklich klar zu kommen. „Du bist aber ein Romantiker“, hört man oft und es bedeutet eine Abwertung. Eine Weltflucht außerdem, Hinwendung zur Vergangenheit, Abwendung des Realen und Führung ins Private. Nährboden für Unfreiheit, Boden für verwerfliche Strömungen und ich nehme wieder Heine: „wir stehen am Beginn einer Katastrophe“.
Versteckt die Romantik nicht die Realität?
Viele junge Menschen flüchten sich in einen romantischen Mittelalter- oder Liebeswahn, der tatsächlich nicht mit der Realität überein stimmt. Die „blaue Blume“ – zentrales Symbol für Sehnsucht, innere Einheit, Unendlichkeit, Heilung – ist es, nach der jeder Mensch sucht. Ricarda Huch sagte „ohne es zu wissen, nenne man es nun Gott, Liebe oder Ewigkeit“. Denken wir an die Schauplätze, wie Friedhöfe, dunkle Wälder, Höhlen oder alte Burgen – das sind mystisch empfundene Orte. Romantik ist Vergangenheit. Ihr haftet das Märchenhafte an, das Sagenumwobene, das Mystische…die Suche nach Vollendung, nach ewiger Harmonie, nach tiefer Leidenschaft. Und das Ganze unbedingt unendlich und glückselig. Das aber gibt es nicht, Pierre.
Ist das noch zeitgemäß zu schwärmen?
Wir Menschen werden hoffentlich niemals aufhören, zu schwärmen. Es gehört zum Leben dazu und macht glücklich. Ein Kompensator gewissermaßen, wie unsere unerfüllten Träume. Das kraftvolle Potential der Schwärmerei steckt in vielen Dingen, in der Musik, dem Fernweh, der Liebe, der idealisierten Romantik, die gar nicht so romantisch war, denn sie waren von Krankheiten gebeutelt, von Dreck, Abwendung der Klassik und vielem mehr. Aber das lassen die heutigen Heros der Romantik außen vor, eine absolute Fehlinterpretation der Geschichte ist das.
Welche Rolle hat die Romantik beim Faschismus gespielt?
Wir sollten höchst beunruhigt sein, dass die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse derzeit, Boden für neue faschistische Diktaturen bieten, die schlimmer sein werden als in den 30er Jahren. Eigentlich waren die Romantiker gar keine Romantiker sondern Agenten. Friedrich Schlegel arbeitete später offen für Metternich oder Gentz. Sehr schnell waren die Romantiker politisch involviert und zwar immer!
Kann Romantik nicht mit einer herrlichen Giftpflanze verglichen werden?
Romantik in der Literatur versuchte, den Riss der durch die Welt und die Menschen geht, zu heilen. Giftige Pflanzen haben oft die schönsten Blüten, deren Duft sich breit entfaltet und betörend zerstörend sein kann. Ich nannte es oben bereits und beobachte mit Besorgnis all die jungen Menschen, die sich in diese Welt der Romantik flüchten, die Gothic-Szene zum Beispiel. Unter dem Dreckmantel der schwarz-blauen Blume werden psychische Störungen, Erniedrigung (BDSM-Szene), Borderliner, sensible Menschen und vieles andere zusammengeführt.
Die griechische Klassik war die Geburt der Menschenwürde, der Menschenrechte, der Autonomie, der Freiheit – nicht die Romantik. Für mich tatsächlich eine fatale Bewegung, Pierre.
© Petra M. Jansen
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