ÜBER DIE LIEBE

Petra M.Jansen: Über die Liebe

„People“ Gesellschaft & Leute
Fragen an Petra: „Gefühlswelt in der Liebe“, im Interview mit Pierre Mathias

Eine Frau entwickelt oft Gefühle, die für einen Mann nicht nachvollziehbar sind. Entsteht dabei kein Frust?
Diese Frage könnte ich auch andersrum stellen und sagen: „ein Mann entwickelt oft Gefühle, die für eine Frau nicht nachvollziehbar sind“. Diese Gefühlsentwicklungen sind nicht planbar, das passiert einfach. Mann und Frau gleichermaßen müssen auch damit rechnen, dass sie sich verlieben und ihre Gefühle nicht erwidert werden. Das kommt vor und selbstverständlich fühlt sich niemand gut damit, wenn dies nicht auf Gegenseitigkeit beruht. So ist es halt, Pierre, und damit muss ein erwachsener Mensch klar kommen. Bedenklich finde ich es, wenn „das Objekt der Begierde“ gegen seinen Willen belagert und verfolgt wird.

Wie würdest du die Verwirklichung der Liebe durch die Sexualität beschreiben?
Ist das eine Symbiose zwischen Geist und Leib?

Ja, das ist es. Die Sexualität ist der Boden, auf dem wir unsere Liebe intensiv aus- und erleben können – die intimste Begegnung zwischen Mann und Frau (oder entsprechend bei gleichgeschlechtlichen Paaren). Beides gehört für mich zusammen und mein Leib würde nicht wollen, wenn mein Geist nicht genauso gefangen wäre.

Was versteht Du unter Zärtlichkeit? Was erwartest du von einem Mann?

Zärtlichkeit äußert sich in Kleinigkeiten und Großartigkeiten gleichermaßen. Manchmal ist es ein Blick oder eine leichte Berührung, manchmal ist es die Zustimmung zu einem Thema. Ich erwarte gar nichts, Pierre. Erwartungen werden selten so erfüllt und die Enttäuschung wäre vorprogrammiert. Ich stelle keine Forderungen, lasse den Mann an meiner Seite das tun, was er tun möchte. Er wird schon wissen, was er zu geben bereit ist und entweder es passt oder eben nicht.

Welche Bedeutung hat für dich die Romantik in einer Beziehung? Wie sollte sie sich ausdrücken?
Romantik ist wunderschön und wichtig, aber ein Zuviel davon kann schnell kitschig wirken. Ich brauche auch ab und an den Kitzel, die Auf und Ab´s einer Beziehung. Ausschließlich zarte Worte und Liebkosungen im Kerzenschein können auf Dauer auch ziemlich anstrengend sein. Und langweilig. Zuviel Harmonie hat schon manche Beziehung zerbrechen lassen.

Hat die Liebe nicht etwas Vergängliches? Wie soll sie sich immer wieder regenerieren?
Sich immer wieder respektvoll begegnen und – vor allem – dem Partner zuhören! Man muss die Ansichten nicht unbedingt teilen, aber durchaus respektieren. An sich selbst zu arbeiten, finde ich wichtig. Das vergessen leider viele und halten es nicht für nötig, sich für den Partner attraktiv zu halten. Das wären dann die abgrundtief hässlichen Leggings der Damen oder die Jogginghosen der Herren. Die eigenen Persönlichkeit eines Menschen und seine Weiterentwicklung macht interessant. Es ist langweilig, wenn der andere Partner der einzig spannende Punkt in der Beziehung ist und sich alles – ziemlich einseitig – um ihn dreht. Je aktiver mein Partner ist und seinen Individualismus pflegt, umso reizvoller empfinde ich ihn. Und sich bewusst Zeit füreinander nehmen, miteinander und jeder für sich alleine.

Ist die Pornographie kein Missbrauch der Liebe? Oder ist sie nur ein Ausdruck der Lust?
Pornographie ist ein Riesengeschäft, Pierre und wie ich schon einmal darüber schrieb, eigenartigerweise schaut sich das niemand an. Ich habe auch schon Pornos geschaut, aber sie sind – im Gegensatz zu tiefer Liebe und Erotik – höchst unerfüllend und langweilig. Letztendlich ist es immer das Gleiche und nach dem hundertsten Mal „rein und raus“ in allen Varianten hat man so ziemlich das ganze Repertoire durch. Pornographie bedient vorzugsweise Männer, wenige Videos sind anregend für Frauen. Eine reine kurzweilige Lustbefriedigung, die unsere Einsamkeit oder krankhafte Wahrnehmung zeigt.

Ist Lust unbedingt mit Liebe zu verbinden? Oder gibt es zwei Ebenen?
Für mich gibt es zwei Möglichkeiten: Lust, reine Lust hat mich in jüngeren Jahren überfallen, heute habe ich eine andere Vorstellung davon. Die Lust ist ein erheblicher Teil der Liebe, die umso schöner erlebt wird, wenn beide Partner mit Herz und Seele dabei sind, sich wahrhaftig lieben. Dann gibt es keine Tabus – alles ist erlaubt, was ein Paar ausleben möchte. Und erfüllender, als mit einer
gefühlten, wahren Liebe, gibt es keine Lust.

Bedeutet platonische Liebe auch Liebe für dich? Könntest du das definieren?
Platonische Liebe gibt es natürlich. Allerdings weiß ich nicht so recht, was das bringen sollte. Diese Form von Liebe wird keine Befriedigung erfahren und nie gelebt werden können, denn der begehrte Mensch erwidert sie nicht. Schwärmerei? Für einen erwachsenen Menschen ist das Unsinn, was sollte es bringen außer Selbstquälerei? Eine emotionale Sackgasse, behaupte ich.

Ist die Sehnsucht in Sachen Liebe kein Trugbild? Ist sie mit der Realität gleich zu stellen?

Es ist die Liebe nach der wir suchen. Sie ist unsere treibende Kraft und wohl das Wichtigste überhaupt – neben der Gesundheit und leider auch den Finanzen. Was immer wir tun, sagen, wünschen – es geht doch irgendwie immer um die Liebe. Wir alle wollen Liebe erfahren und geben und scheitern an unserem größten Wunsch. Verrückt, oder? Heute glaube ich, dass es die einzig wahre Liebe tatsächlich nicht gibt und dass der Mensch mehrere Lieben im Leben haben kann.

Was nun wenn der Körper nach Liebe verlangt aber nicht der Geist?
Mein Körper verlangt heute nicht mehr nach Liebe ohne Geist. Aus dem Alter bin ich raus, Pierre. Davon hatte ich genug und es hinterlässt morgens einen komischen Nachgeschmack. Geist und Körper, Seele und Herz, Verstand und Gefühl – das zusammen ergibt Liebe, Erotik, Erfüllung und ist das Gefühl unserer Sehnsüchte.
 
©Petra M. Jansen