SATT STATT STARK

SATT STATT STARK Sozialkritik & Dekadenztexte

Sozial- und gesellschaftskritische Essays, eine zeitkritische Auseinandersetzung mit dem Appell an Reaktivierung von Herz und Verstand. I ...

Mittwoch, 23. Mai 2012

Ein Autor...

Ich weiß nicht, bin ein wenig verunsichert. Darf ich das sein? Heißt es nicht, ein Autor muss klar Stellung beziehen? Ist Leader, Meinungsbildner? Also gut...ich hab´s mir anders überlegt: ich "meine" jetzt - bilde ich mir ein. Nein, das bilde ich mir nicht ein, ich tue es sogar öffentlich. Das ist nicht eingebildet, ganz bestimmt nicht. Gebildete Menschen sind nicht eingebildet, sie "meinen" einfach nur. Und ich meine, jeder meint etwas und weil sie alle soviel meinen, bin ich schon ganz meinungslos, also verunsichert. Und das geht ja gar nicht! Schließlich muss ich als sozialkritische Autorin eine Meinung haben. Und eine klare Richtung sowieso. Wenn mir das gelingt, dann bildet es ... Ihre Meinung.  Und meine Meinung muss ja nicht Ihre Meinung sein, nicht wahr? Doch damit Sie eine Meinung haben und Stellung nehmen können oder sollen, muss ich "meinen" und meine Meinung kundtun. Meinen die anderen. Deshalb sagen sie, ein Autor muss eine klare Meinung haben. So.
Das meine ich auch und was Sie meinen, interessiert mich gar nicht. Denn das würde mich nur durcheinander bringen und zum Schluss bin ich ohne Meinung. Ich könnte ja Krimis schreiben oder Fantasyromane, das wäre nicht so kompliziert (das Schreiben schon, aber die klare Stellungnahme nicht), aber ich meine, das ist nicht mein Genre. Je mehr Anweisungen ich über das "Meinen" nun lese, je mehr Leute meinen, sie könnten meinen und auch meinen, umso eher meine ich, es wird Zeit, sich seine eigene Meinung zu bilden. Das sollte keine Brücke zu einem bekannten Blättchen sein, aber die behaupten auch und täglich beobachten wir, wie die Leser meinen oder nicht meinen. Trotzdem bin ich ein wenig verunsichert, denn ich las heute alle Regeln zum Schreiben von Leuten, die schreiben. Die genauso schreiben wie ich es tue. Seit mehr als dreiundzwanzig Jahren tue ich das schon (in den unterschiedlichsten Bereichen, angefangen von Glossen, Satire, Pressetexte, Werbetexte bis zur heutigen Literatur und meinen Kolumnen) und es macht mir immer noch sehr viel Spaß. Ich habe nie auf meinen Protagonisten gestanden - sie mir also auf ein Blatt Papier gemalt und ihnen ihre Eigenschaften und Vorlieben zugeordnet - ich habe nie Wert darauf gelegt, ob ich hohe Verkaufszahlen erreiche oder nicht, ich habe nie gezielt, auf ein gewünschtes Verlagsprogramm abgestimmt, geschrieben. Ich habe einfach immer geschrieben, was meine Meinung war. Das alles mit dem Gedanken, Ihnen etwas geben zu wollen, kritisch die Augen zu öffen für Missstände, hart und wahr an der Grenze, balancierend zwischen unserem "Meinen" und "Sein". Und ich bin der Meinung, das es genauso richtig war und ist. Doch, wenn ich all die Anleitungen zum Schreiben lese, bin ich manchmal ein wenig verunsichert dahingehend, dass ich nicht weiß, ob sich diese Menschen einen Gefallen damit tun, alles in Bahnen lenken zu wollen, alles zu strukturieren - um eines Tages Erfolg zu haben. Wenn Sie mich fragen.....ich bin der Meinung, dass Authentizität das Wichtigste ist. Der Autor, der hinter seinen Worten steht, der sich nicht scheut, dies zum Ausdruck zu bringen, der sich einen Dreck darum schert, welche Regeln aufgestellt werden, der es einfach tut (und sein Handwerk des Schreibens beherrscht, davon gehe ich aus), der wird vielleicht Erfolg haben. Dafür muss er nun noch das Glück auf seiner Seite haben - denn Erfolg ist nicht nur ein langer Weg und harte Arbeit, sondern auch ganz, ganz viel Glück. Das wird bei all den aufgestellten Regeln allzuoft leider vergessen.....und nicht jeder hat genügend finanziellen Rückhalt wie Precht es hatte....
Also bleibt uns Autoren die Liebe zur Schreiberei, die Freude an den Worten, an den Geschichten und die Hoffnung auf die magere 1-2%-ige Erfolgsquote. Scheißegal - wir schreiben. Weil wir es lieben.



©
Petra M. Jansen/
LiteraTour.Poetic.Text

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