SATT STATT STARK

SATT STATT STARK Sozialkritik & Dekadenztexte

Sozial- und gesellschaftskritische Essays, eine zeitkritische Auseinandersetzung mit dem Appell an Reaktivierung von Herz und Verstand. I ...

Samstag, 10. Mai 2014

Kinderliebe





„People“ Gesellschaft & Leute
Fragen an Petra M. Jansen, Thema „Kinderliebe“ (veröffentlicht auf dem früheren Kwalae.Magazin/ Kwalae Verlag)


Wie fühlt sich man als Frau, wenn man schwanger ist?

Wunderbar, Pierre. Es ist eine erfüllte, lustvolle Zeit der Vorfreude und das „Frausein“ bekommt einen tiefen Sinn. Ich habe meine Schwangerschaften in vollen Zügen genossen und habe meine letzte Zigarette in die Ecke geschmissen (leider immer nur für je zwei Jahre). Ich glaube, eine Frau kann kaum schöner aussehen als in der Zeit, in der sie ein Kind unter dem Herzen trägt. Es macht stolz, weiblich, vollkommen und - hätte ich damals nicht so „spät“ angefangen - ich hätte sicher mindestens drei Kinder gehabt. Wundervoll ist das, es macht eine Frau erst zur Frau.


Welches Gefühl hattest du, liebe Petra, als deine Kinder zur Welt kamen?

Ich habe mich furchtbar gefreut, dass meine Kinder gesund und lebendig auf die Welt kamen und dass ich das überlebt hatte. Nach und nach wurde mir bewusst, dass mein Leben eine komplett neue Richtung bekommen würde und das fiel mir nicht immer ganz leicht. Die Unabhängigkeit ist auf einen Schlag erst einmal weg, der Tag- und Nacht- Rhythmus verändert alles. Man kriecht schon ein wenig auf dem Zahnfleisch, wenn so ein kleiner Säugling seine Bedürfnisse anmeldet und die gehen in jedem Fall vor.


Ist "Mutterliebe" angeboren? 

Nein, ich behaupte, sie ist nicht angeboren. In meinem Fall war es eher so, dass ich ursprünglich überhaupt keine Kinder haben wollte. Ich hatte einen langen Auslandsaufenthalt, dann eine Ausbildung, danach ein Studium und ich wollte Geld verdienen. Ich war und sah mich auch nicht als typische Mutter und bei dem Gedanken an Kinder, schnürte es mir die Kehle zu. Mein damaliger Ehemann machte mir Kinder im Laufe der Jahre so „schmackhaft“, dass ich dieses Experiment - wie ich es damals nannte - auf mich nahm und ich habe es bis heute nicht eine Sekunde bereut, Pierre. Die beste Entscheidung meines chaotischen Lebens. 


Was für einen Unterschied gibt es zwischen der Liebe zu einem Partner und der zu einem Kind?

Das kann man überhaupt nicht vergleichen, es sind zwei völlig andere Formen der Liebe. Die Liebe zu dem eigenen Kind steht über allem, sie ist kompromisslos, uneigennützig und aus allertiefstem Herzen - da kann kommen, was will. Vorausgesetzt, eine Mutter „tickt“ auch ganz richtig und ist nicht psychisch gestört oder drogenabhängig. Die Liebe zu einem Partner findet in ganz anderen Dingen seine Erfüllung und Kinderliebe sollte nicht herhalten für Dinge, die eine Frau in ihrer Partnerschaft vermisst, was leider auch häufig der Fall ist.


Wie empfindest du die Nähe zu deinen Söhnen?

Es gibt Tage, da gehen sie mir schlichtweg auf die Nerven und doch bin ich glücklich, wenn sie abends zu Hause sind und ich weiß, es geht ihnen gut, sie schlafen und sind gesund. Was immer man zu meckern hat - es wäre stinklangweilig ohne sie. Einen der beiden habe ich ja nun nicht mehr in meinem Haus und es ist leider deutlich ruhiger geworden, Pierre. Ich fühle mich „komplett“, wenn sie um mich herum sind und ich lerne täglich, dass sie die Freiheit und - was sehr normal ist - eher die Nähe zu Freunden und Freundinnen suchen, statt zu mir.


Einmal wird die Nabelschnur unwiderruflich getrennt. Hast du Angst davor?

Das ist in gerade passiert. Vor nicht allzu langer Zeit hat sich mein - nun volljähriger - Sohn entschlossen, mein Haus zu verlassen und hinaus in die Welt zu ziehen. Ich drücke ihm die Daumen, dass ihm alles gelingen möge, was er sich wünscht und ihm nichts passiert, da draußen. Mehr kann ich nicht tun, außer ihm sagen, dass ich ihn wirklich liebe und er immer einen Platz in meinem Herzen und bei mir haben wird. Ob er wiederkommt, Pierre, das weiß ich nicht - ich würde es mir wünschen.


Wie vermittelst du deine Liebe deinen Kindern?

Eigentlich müsstest du sie fragen. Ich denke, indem ich immer für sie da war und versucht habe, sie als mündige, selbständige, junge Männer ins Leben gehen zu lassen. Ob die Art immer richtig war, weiß ich nicht. Ich habe mein Bestes getan und tue es noch immer. Umsorgen, kochen, pflegen, schimpfen, Freiheit lassen, Regeln setzen, zum Arzt fahren, Freunde einladen, durch die Schule peitschen....all das sind Dinge, die tut man nicht, wenn man seine Kinder nicht liebt. Vielleicht hat gerade einer meiner Söhne nicht verstanden, dass ich nicht seinem klassischen „Oma-Mama-Bild“ entsprochen habe und neben dem Leben und der Aufgabe als Mutter noch ein eigenes Leben lebe, das ihm sicher sehr individuell erscheint. Das würde mich dann doch sehr traurig machen.


Welche Rolle nimmt der Vater ein? Ist das eine Teilung der "Liebe"?

Ein Vater spielt eine andere, eine ganz besondere Rolle, die eine Mutter nicht erfüllen kann. Seine Art, mit seinen Kindern umzugehen, ist rauer, härter, direkter, aber nicht minder liebevoll. Beide Elternteile sind gleichermaßen wichtig und ich bin sehr dankbar, dass der Vater meiner Söhne immer für sie da war (ist) und soviel Zeit wie möglich mit ihnen verbringt. Es tut ihnen gut und ich kann nur Mutter sein - nicht Mann und Vater obendrein. Nun muss auch er einen der beiden ziehen lassen und wird ihn unterstützen, soweit es ihm möglich ist.


Wie reagieren deine Söhne auf deine Liebe?

Ich hoffe, sie wissen, dass ich sie aufrichtig liebe, wenngleich meine Art sicher nicht dem klassischen Mutterbild entspricht. Ich war nie eine typische Mutter, Pierre, eher eine Freundin. Aber ich fordere von ihnen, dass sie ethische Werte leben, dass sie ihren Verstand benutzen, dass sie nichts Kriminelles und Böses tun und Menschen so behandeln, wie sie es sich auch für sich selbst wünschen. Manchmal gelingt die Erziehungsarbeit, manchmal steht man vor der Frage, ob man nicht doch was falsch gemacht hat, du kennst das sicher. Und ich weiß, dass mein jüngerer Sohn sehr an mir hängt, er zeigt es oft und er kann es aussprechen. Das ist für eine Mutter das größte Lob der Welt.


Was würdest du einer Frau sagen, die keine Kinder bekommen könnte?

Das wäre sehr traurig und schade und ich würde ihr sagen, dass es mir sehr leid tut. Vielleicht gäbe es die Möglichkeit einer Adoption? Eine liebe Freundin von mir konnte auch keine Kinder bekommen, vielmehr konnte ihr Mann keine Kinder zeugen. Darüber waren beide damals sehr traurig und auf meine Frage, warum sie keine künstliche Befruchtung gewählt hatten oder andere Alternativen, sagte sie: „Petra, das ist von Gott bestimmt und es hat nicht sein sollen. Aber soll ich nun einen anderen Mann heiraten? Du wirfst doch auch nicht deinen Sohn auf den Müll, weil er einen Makel hat, oder?“
Das ist es, Pierre - Kinder sind ein Geschenk Gottes und ein Zeichen der Liebe.


© Petra M. Jansen

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