„People“ Gesellschaft & Leute
Fragen an Petra, Thema „Blumen“ - Fragen an Petra M. Jansen von dem ARTE-/BR-Journalisten Pierre Mathias auf der Rubrik "People"(veröffentlicht beim früheren Kwalae-Verlag, München)
Drücken Blumen Vergangenheit aus?
Blumen sind der Inbegriff des Lebens, des Wachstums, der
Vergänglichkeit. Ihr Samen entfaltet sich - bei guten Bedingungen - zur vollen
Schönheit einer Pflanze. Sie vermehrt sich, keimt, bildet Ableger, streut ihre
„Kinder“ und eines Tages stirbt die Mutterpflanze. Sie sind also Symbol des
Lebens, Pierre - auf eine andere Art als der Mensch oder das Tier.
Sind geschnittene Blumen nicht die
Vorboten des Todes?
Geschnittenen
Blumen nahm man das Leben. Sie wurden gekappt um in einer unserer Vasen
kurzweilig weiter existieren zu dürfen. Ein egoistischer Beweggrund des
Menschen, dem der Wunsch nach einem
schönen Strauß oder Bouquet so wichtig ist, dass er entweder Massenware in
Gewächshäusern vorantreibt oder sie am Wegesrand pflückt und aus seinem Beet
entfernt.
In dem Moment, in
dem die Schere angesetzt wird, ist der Tod der Begleiter der Blume, Pierre.
Steckt
nicht viel Melancholie dahinter, wenn Blumen als Liebesgruß geschenkt werden?
Es gibt den Slogan „lasst Blumen sprechen“. Würden die
allerdings auch nur ein Wort über die Lippen bringen, würden sie uns fragen,
warum man ihnen das Herz zerrissen hat um unseres zu füllen. Die Blume ist
Symbol der Liebe geworden und eigentlich sollte es der ehrliche Blick in die
Augen sein, das Verständnis, der Kuss, die Liebe. Scheint aber einfacher zu
sein, eine Blume zu überreichen...
Was empfindest du, wenn du einen
verwelkter Blumenstrauß in den Mülleimer schmeißt?
Ich hatte schon den
Gedanken, dass ich auch eines Tages auch einmal so verwelkt weggeschmissen
werden könnte, Pierre und so unsinnig ist der gar nicht. Ein komisches Gefühl
habe ich. Diese Blumen waren einzig und alleine da, um mich mit ihrem Anblick zu
erfreuen. An sie als Lebewesen denkt man nicht wirklich und genau aus diesem
Grund gibt es bei mir zu Hause keine Schnittblumen mehr.
In einem Garten drücken Blumen Freude
aus; ist das auch der Fall in einer Vase?
Die Blumen und
Pflanzen in unserem Garten sind so gepflanzt, dass sie die bestmöglichen
Bedingungen vorfinden und sich entfalten können. Viele unserer Pflanzen hat
mein Sohn mühsam aus Fruchtkernen oder Ablegern gezüchtet, teilweise über Jahre
hinweg. Er betreibt seit einiger Zeit Permakultur nach seinem Vorbild Sepp
Holzer, der als „Agrar-Rebell“ weltweit tätig ist. Wir
erfreuen uns an
einem bunten
Durcheinander von Moos, Wildblumen, Mohn und vielen Pflanzen, die wir aus
unseren zahlreichen Aufenthalten aus Spanien (mit Erlaubnis) mitgebracht haben
und mitbringen. Im Winter allerdings räume ich ein ganzes Zimmer für unsere
Pflanzen, das ist schon Luxus.
Blumen begleiten uns durch das ganze
Leben, bis zur Kiste! Ist das nicht eine satte Leistung?
In der Tat! Die
Hochzeit ist blumengeschmückt, bei der Geburt des Kindes gibt es einen
Blumenstrauß und am Ende unseres Daseins werfen wir Blumen auf den Sarg. Es
ist, wie ich schon sagte, Symbol des Lebens und - wenn man nun positiv denkt
-eine Wertschätzung an die Natur, von der wir nur der kleinste Teil sind.
Blumen müssen für vieles den Kopf
halten, ist das für sie zumutbar? Sind sie nicht viel ehrlicher?
Sie sind so verdammt ehrlich und reagieren auf jede
Fehlbehandlung mit Streik bis zur Selbstaufgabe. Das würde ich uns Menschen in
dieser Konsequenz auch wünschen, aber wir sind verblendet und abgelenkt. Die
Natur und die Blumen kann man nicht verarschen, sie zahlen es uns heim, indem
sie sterben und uns zeigen, dass unser Weg der falsche war.
Auch wir werden alt, nicht nur die
Blumen! Sind wir gleich zu stellen?
In gewisser Weise schon, da sie für mich Symbol des Lebens,
des Wachstums, der Vergänglichkeit und des Todes sind. Blumen sind die
filigraneren Lebewesen, sie leben mit der Sonne und dem Mond, mit der Natur im
Einklang. Genau das behauptet ja auch Sepp Holzer und wenn man sich damit
beschäftigt, wie er mit Pflanzen, Bäumen, Gewächsen umgeht, kann man eigentlich
nicht nur staunen sondern sich vor den Kopf hauen, weil es eigentlich so
naheliegend und natürlich ist.
Werden
die Blumen nicht degradiert, wenn sie nur den Konventionen dienen?
Doch, das werden sie. Wie so oft, ist es eine kommerzielle
Sache. Nehmen wir als Beispiel das Unternehmen Fleurop Interflora, das mit ca.
58.000 Partnerfloristen jährlich über 25 Millionen Blumenaufträge abwickelt.
Das ist gigantisch, Pierre. Die Blume ist eine Ware, strotzt vor
Pflanzenschutzmittelrückständen und ist hochgezüchtet. Es gibt sogar eine
Blumenmode und die Floristen stellen immer wieder neue Trends auf, entdecken
neue Farben und Sorten.
Was empfindest du, wenn du einen
Blumenstrauß geschenkt bekommst?
Nicht alle Menschen denken wie ich und deshalb freue ich
mich über diese nette Geste, aber ich werde auch darum bitten, mir in Zukunft
entweder eine Topfpflanze zu schenken oder eine Pflanze, die ich ins Freiland
setzen kann oder aber eine leckere Schokolade vorziehen.
© Petra M. Jansen
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