SATT STATT STARK

SATT STATT STARK Sozialkritik & Dekadenztexte

Sozial- und gesellschaftskritische Essays, eine zeitkritische Auseinandersetzung mit dem Appell an Reaktivierung von Herz und Verstand. I ...

Montag, 25. Juni 2018

Interview mit TOM STRYDER

Juni 13,2013 by tool4spirit & Petra M. Jansen

Interview mit Tom STRYDER (Musiker, Entertainer, Veranstalter)
geführt mit Petra M. Jansen

Tom, du bist seit vielen Jahren sehr erfolgreich im Rockbusiness. Sag uns doch mal, wie lange schon und mit welchen Projekten und Bands du aktiv Musik machst.

Angefangen hat das alles ´92, das war sozusagen die Initialzündung. Erst kam die Schülerband, dann eine Metal Band in Gießen. 2003 kam ein Freund vorbei und sagte „dann lerne ich jetzt Bass und wir machen eine eigene Band auf.“ Das war der Beginn von ZorngigglZ, dieses Jahr haben wir 10jähriges und es stand nie ein kommerzieller Gedanke dahinter. Wir sind alle seit vielen Jahren auch echte Freunde und dadurch hat das Ganze Bestand.

Wie fing Deine Laufbahn als Musiker an? Du warst erst semi-professionell unterwegs und bist nun Vollzeit-Musiker. Erzähl uns mal ein bisschen darüber. Wie schafft man das, in diesem schwierigen Business so lange zu überleben und – vor allem – als Berufsmusiker zu überleben?

In den Neunzigern war das alles noch Hobby, selbst die ZorngigglZ waren zuerst als Fun gedacht. Ich habe eine Ausbildung zum Rundfunk- und Fernsehtechniker gemacht und später an der SAE noch den Tontechniker drangehängt. Als Vollerwerb mache ich das erst seit einem halben Jahr. Auslöser war Ärger in der Firma und ich dachte „das ist der Schubs zur Tür raus und es läuft gerade so gut mit der Musik“. Das war der eigentliche Grund zu sagen, jetzt steige ich voll ein und bisher läuft es so, wie ich es geplant hatte. Mut gehört halt auch dazu.

Du gehst sehr hautnah an dein Publikum, bist ein  Musiker zum Anfassen. Auf deiner Homepage sprichst du deine Fans sehr persönlich an, dass sie bei den Gigs den direkten Kontakt zu euch suchen sollen. Was hältst du von der Vergötterung der Rockstars?

Davon halte ich gar nichts. Ich habe schon mit vielen internationalen Musikern gearbeitet, die sich Dekadenz eigentlich leisten könnten und genau d i e sind so nicht. Die gehen danach runter zum Publikum und fragen „hat´s euch gefallen?“ Ich suche mir bewusst die Kritik, die ich auch gerne annehme, wenn sie Substanz hat und ehrlich gemeint ist. Ich will das Qualitätsbarometer.

Du sagtest einmal „music was my first love – and will be my last”.Wo liegen deine musikalischen Wurzeln und welche Bands oder Musikrichtung haben dich geprägt?

Der Satz entstand aus einer persönlichen, menschlichen Enttäuschung und ich dachte „Musik kann mich nicht enttäuschen.“ Das Gefühl, Musik zu erzeugen, macht mich glücklich. Na ja, meine Wurzeln liegen im Rock, klassischer Rock.

Tom Stryder gibt es als Solomusiker, als Tom Stryder & M.W.F. Murphey, als Tom Stryder Quartett, als Band „Tom Stryder & Band“ (Äbbelwoi-Allstars). Wirst du damit lediglich einem Markt gerecht oder zeigt das dein vielfältiges Repertoire?

Man stellt sich ein auf Situationen und es ist eine Budgetfrage, ob man mit zwei oder sechs Leuten auf der Bühne steht. Das Repertoire unterscheidet sich schon, selbst, wenn die Songs die gleichen sind, ist die Performance eine andere. Ich habe jetzt noch eine Sängerin dazu geholt, die auch meine Stimme entlastet. Denn sechs Stunden mehrmals die Woche singen, strapatziert doch sehr deine Stimme. Lisa, die jetzt mit den Akustikern tourt, ist jetzt auch festes Mitglied bei den ZorngigglZ.

Neben der Band bist du Solomusiker, Songwriter, Songtexter, Entertainer und Tontechniker und spielst viele Instrumente. Eine Abgrenzung oder ein bewusster Alleingang um auch eigene Dinge – abseits der Band – umsetzen zu können?

Schwierige Frage, Petra. Ich spiele Gitarren aller Arten, spiele Keyboards, Bass und singe natürlich. Ich bin so egoistisch, dass ich in allen Bands das Ruder an mich gerissen habe. Studioarbeit kann zur Strafarbeit werden, ich bin ein Live-Musiker, der gerne auf der Bühne steht. Ich mache viel alleine, weil ich auch ein Perfektionist bin.

Du hast ja vier Veröffentlichungen mit deinen eigenen Songs gehabt. Mit ZorngigglZ steht ihr kurz vor einem Album Release. Das wievielte Album ist das jetzt, Tom?

Das ist die dritte ZorngigglZ-Platte, bei meinem Solo-Projekt ist es mein zweites Album. Bis Mai wollte ich die Soloplatte veröffentlichen, jetzt kommt die Tour-Planung dazu und das Stryderstock-Festival, das dieses Jahr als fette Rock-Edition stattfinden wird. Bis Oktober soll die dritte ZorngigglZ-Platte auf dem Markt sein. Ich toure schon seit eineinhalb Jahren, ohne dass ich was verkaufen könnte, das macht wohl sonst auch keiner. Erst einmal will ich auf die Bühne, die Leute glücklich machen und du siehst, wieder einmal denke ich nicht nur an den Kommerz.
 
Tom, hast du Schwierigkeiten, dich zu positionieren, wenn du auf der einen Seite Coversongs spielst und Unterhaltungsmusiker bist und auf der anderen Seite eigene Dinge komponierst und umsetzt?

Da liegt vielleicht sogar mein größtes Problem. Die meisten sehen mich wahrscheinlich als den Unterhaltungsmusiker und den Entertainer. Ich kann mich selbst sehr schwierig selbst einschätzen, bin wohl eher der Musiker, der einfach Spaß daran hat, gute Rockmusik zu spielen. Ich hasse Schubladendenken. Ich weiß nicht, ob die Leute mich eher als den Musik-Schaffenden wahrnehmen als den Interpreten. Schwierig, sich selbst zu sehen.

Wie definierst du deinen Auftritt, deinen Look, deine Performance als Covermusiker und mit dem deiner eigenen Sachen? Bekommst du manchmal Identifikationsprobleme bei einer Show?

Wir haben unheimlich viele Konzerte gespielt, viele, viele Gigs gehabt und wenn ich auf was stolz bin, dann ist es die Tatsache, dass wir hunderte Konzerte pro Jahr spielen. Da kann das Konzept nicht falsch sein. Vielleicht nehmen die mich wahr als völlig durchgeknallten Typen mit einer merkwürdigen Frisur und merkwürdigen Hosen, wer weiß?

Kann man sagen, dass Covermusiker die unglücklicheren Musiker sind?

Vielleicht die weniger Mutigen, das glaube ich eher. Auch wenn ich covere, mache ich immer mein eigenes Ding draus. Die meisten gehen auf Nummer sicher und wenn du mit „Slade, Far away“ – einer totsicheren Nummer – auf die Bühne gehst, dann geht das Publikum garantiert mit. Da stehst du auf der absolut sicheren Seite. Ich spiele nicht nur, was die Leute hören wollen und wir spielen auch Titel, die nicht jeder kennt und mir macht es unheimlich Spaß, auch mal einen Mötley Crüe-Titel zu spielen. Halt das, was die Leute nicht unbedingt erwarten, Petra.

Wo liegt deiner Meinung nach die Zukunft der Rockmusik? Müssen da neue Akzente gesetzt werden oder genügt es, einfach guten Rock zu spielen, wie wir ihn seit jeher gewohnt sind?

Das ist richtig toll gefragt! Die Plattenbosse da oben wissen selbst nicht, wo die Reise hingeht. Diese Eintagsfliegen und dieses „Püppchen“ fördern, war es jedenfalls nicht. Es ist Guerilla-Taktik angesagt, heute ist es ein Mausklick, der die ganze Welt mit deiner Musik verbindet. Was die Leute nicht kapiert haben, ist, dass es nur noch Plattenverträge gibt, bei denen, die wirklich 100% haben – nicht 90%. Da kommen im Moment ganz geile Bands, die sich jetzt gerade entwickeln. Die Zukunft wird sein, wie es schon immer war: du musst verdammt gut sein und dich abheben, sonst kommt nix. Ganz einfach.

Tom, du bist ja nun nicht nur Musiker sondern auch Veranstalter und richtest mit STRYDERSTOCK ein Festival aus, bei dem andere Rock- und Metal Bands auftreten. Ist Stryderstock neu oder bereits etabliert und wo findet das Festival statt?

Veranstalter zu sein, ist ein großes Risiko. Letztes Jahr haben wir Stryderstock das erst Mal umgesetzt und wir haben ein richtig geiles Festival draus gemacht. Ein Festival zu etablieren bedeutet, bei den ersten drei Mal dabei drauf zu legen. Am 19.10.2013 findet Stryderstock mit Kissin Dynamite als Headliner und den Crazy Lixxs aus Schweden und Crucified Barbara statt. Wir wollen immer Live-Videos sehen und wenn ich sehe, wie die live sind, dann kann ich mir ein Bild machen. Wenn die live vierzig Minuten brauchen, um das Publikum in den Bann zu ziehen, sind es für mich die Falschen. Was jetzt dabei ist, kann ich nur sagen: die haben was, was die Zukunft ist. Die sind live toll, frisch, nette Kerle, extrem gute Musiker. Der Opener fehlt uns noch, da läuft aktuell ein kleiner Contest. Ein Open Air kommt für mich nicht in Frage, da ist mir das Risiko definitiv zu groß und im Sommer brauchst du kein weiteres Festival zu machen. Stryderstock war ein Wunsch für mich, Petra. Wir sind im Lokschuppen Nidda, eine coole Location, der ideale Rocktempel für so ein Festival.

Machst du deine Promotion und dein Booking auch selbst, Tom?

Ja, ich mache alles selbst, komplett. Ich hätte mir vor Jahren schon einen fähigen Booker gewünscht, weil das sehr zeitaufwendig ist. Könnte ich das aus der Hand geben, das wäre schon toll, aber da habe ich auch schon meine eigenen Erfahrungen gemacht. Eine helfende Hand im Booking wäre schon toll.

Welchen Tipp gibst du jungen Bands und Musikern mit auf den Weg, wenn sie dich fragen würden, was dazu gehört, um erfolgreich auf dem Musikmarkt bestehen zu können?

Flexibel muss man sein, unbedingt. Als Berufsmusiker heutzutage musst du entweder so außerirdisch gut sein, dass du gleich in die Top-Bands kommst, wo die Gagen hoch sind oder verdammtes Glück haben. Das Geld wird auf der Bühne verdient und das ist gut so, denn das treibt die Musiker raus. Wenn du nicht in der Lage bist, nur mit einer Gitarre und deiner Stimme die Leute zu begeistern, dann stimmt das was nicht. Und du darfst kein Arschloch sein. Ich bin Dienstleister, ich will wissen, ob es den Leuten gefallen hat, ob der Wirt seinen Umsatz gemacht hat, ob der Veranstalter zufrieden ist. Du musst Willens sein, hart dran zu arbeiten und menschlich gefestigt sein. Was gar nicht geht, ist, zugedröhnt auf der Bühne zu stehen.

Wie stehst du zu dem Thema Drogen?

Wir nehmen uns als Musiker nicht so ernst, wenn einer mit uns einen Spaß macht, machen wir den Spaß mit. Drogen? Nein! Auf der Bühne nicht und dahinter schon gar nicht, die Zeiten sind rum. Wir leben nicht mehr in den 80ern, wo das cool war. Wenn ich eine lange Distanz gehe auf der Bühne, brauche ich auch Kraft und da muss man top in Form sein, sonst stehst du das nicht durch. Der Markt ist zu hart umkämpft, da haben Drogen keinen Platz. Die Zeiten sind vorbei und da machen Veranstalter und Plattenlabels einen großen Bogen rum.

Vielen Dank, lieber Tom für dieses Interview und ich wünsche dir und deinen Bands weiterhin viel Erfolg.


© Petra M. Jansen

http://jansen-marketing.de


Link Tom Stryder: http://www.thomas-dechert.de/cms/
Link Mediathek: http://www.t-s-p.net/jcms/index.php/mt
Link Stryderstock Festival fb: https://www.facebook.com/events/282114878508481/ 


TOM STRYDER für "Kulissenblicke", promo pic

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