Interview mit Eric Vandenberg, Musician, Songwriter, Guitarist, geführt von Petra M. Jansen
Hallo Eric! Schön, dich heute zu sprechen und vielen Dank, dass Du dir die Zeit für ein Interview nimmst. Du hast mit 10 Jahren angefangen, Gitarre zu spielen – zuerst autodidaktisch – und mit 15 hast Du dann Gitarrenunterricht genommen. Gerade drei Jahre später hast du am „Guitar Institute of Technology“ in North-Hollywood/ USA studiert und ab da kann man eigentlich nur von einer steilen Musiker-Karriere sprechen. Sprich ein bisschen über die damalige Zeit, deine Arbeit als Studiomusiker, mit wem du „on Stage“ warst oder als Session-Musiker zusammen gekommen bist. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch deine Teilnahme an Steve Vai´ s „Make a Noise Charity-Event.”
Der Grund, warum ich dort war und auch Sinn und Zweck der Schule ist, dass man dort nicht nur lernt zu spielen, sondern im professionellen Zusammenhang zu arbeiten, d.h. in allen möglichen Situationen, ob es live oder im Studio ist. Mir war früh klar, dass das übliche Klischee vom Rockmusiker zum Millionen-Verdienen ein schwerer Weg ist und darauf hat die Schule vorbereitet. Ich habe dann in allen möglichen Bands gespielt, weil es etwas ist, was ich aus Liebe mache und später hatte ich New York das große Glück, den Fuß in die Studio-Szene zu kriegen, habe viel an Jingles und Werbegeschichten gearbeitet sowie kurz mit „Danger Danger“, die ich auch auf einer Tour begleitet habe. Zudem habe ich viele Hired Gun Jobs gemacht. Wenn jemand einen Gitarristen für eine Session oder für Auftritte brauchte, habe ich das angenommen, weil es großartig war, in verschiedenen Stilistiken zu spielen und Erfahrungen zu sammeln, die man an keiner Schule lernen kann. Was die Charity-Geschichte anbelangt… das war ein Festival, was weltweit stattgefunden hat und es hieß „Jamfest“ (benannt nach Steve Vai´ s Gitarrenmodell Jam), bei dem Gitarristen überall weltweit auf Festivals für den guten Zweck aufgetreten sind. Der Erlös ging an Steve Vai´ s „Make a Noise Foundation“, die wiederum die Spenden nutzen, um Musikunterricht und Musikinstrumente in amerikanischen Schulen zu unterstützen, was ich ein sehr attraktives Angebot finde. Da war es nicht nur eine Ehre sondern eine Selbstverständlichkeit, dass ich mit dabei war.
Du bist als Sohn niederländischer Einwanderer in den USA aufgewachsen und wirst bei Wikipedia als amerikanischer Gitarrist bezeichnet. Bist du nun Amerikaner oder hast du die deutsche Staatsbürgerschaft und wie kam es dazu, dass du jetzt in Deutschland lebst und seit wann?
Aus beruflichen Gründen bin ich mit meinen Eltern immer hin- und her gependelt. Meine Staatsbürgerschaft ist amerikanisch, aber ich bin zum großen Teil in Deutschland aufgewachsen. Ich bin auch hier zur Schule gegangen und meine Mutter hat sehr viel Wert darauf gelegt, dass ich auch beide Sprachen lerne. Für mich war das als Kind schon ein wenig schwierig mit den Unterschieden der beiden Länder klar zu kommen und auch der Schulwechsel, das Hin und Her, die Sprachen, aber ich bin auch dafür sehr dankbar. Ich fühle mich in beiden Ländern wohl. Es gibt auch Unterschiede was das Musiker-Sein in beiden Ländern anbelangt. Meine Heimat ist klar die USA, aber ich fühle mich auch in Deutschland und Europa sehr wohl.
Bist du derzeit sowohl in den USA als auch in Deutschland aktiv?
Aktiv bin ich derzeit hauptsächlich in Deutschland, habe aber Kontakte in den USA und auch – durch meine journalistische Tätigkeit – öfters mit amerikanischen Kollegen zu tun. Es ist eine Brücke und es ist ein ständiger Kontakt da. Beruflich habe ich auch relativ viel mit amerikanischen Firmen und Kollegen in den USA zu tun.
Die Vorteile eines zweisprachigen Aufwachsens sind immens, gerade im Rockbusiness und für deine Arbeit als Musikjournalist. Du schreibst für das GUITAR Magazine. Welche Rubriken sind das und wie ist deine Arbeit als Musikjournalist?
Angefangen hat das, als ich Tests zu Equipments geschrieben habe, also über Gitarren, Effekte, Verstärker oder so was und es ist natürlich wunderbar für ein Magazin schreiben zu können und verschiedene neue Sachen auszuprobieren. Da ich aber nun auch selbst für Firmen tätig und jetzt Endorser bin, ist es so, dass es uns wichtig ist, dass n i c h t der Eindruck einer Beeinflussung oder Vettern-Wirtschaft entsteht. Deshalb hat sich das verlagert und ich bin übergegangen von Tests zu Interviews, zu Interviews von Künstlern für das Magazin oder Geschichten über Bands. Ich bin nun in verschiedene Sachen involviert, das ist eine hochinteressante Geschichte und so interviewte ich u.a. Joe Satriani, einer meiner absoluten Vorbilder.
Du machst ja auch sehr interessante Interviews mit weltbekannten Bands und Musikern. Resultiert daraus eventuell eine Zusammenarbeit und kann man das beruflich verknüpfen?
Zusammenarbeit bisher noch nicht, aber man kommt mit den Leuten näher ins Gespräch und man kommt in Kontakt. Es besteht die Möglichkeit, sich mit dem Einen oder Anderen zu treffen und auch mal zu jammen. Beruflicher Nutzen ist, dass es jedes Mal inspirierend ist, Leuten wie Joe Satriani, Paul Gilbert o.a. treffen zu können, um zu sehen, wie arbeiten sie. Es ist eine reine Motivationsquelle und zeigt die Liebe zur Musik. Man nimmt als Gitarrist etwas davon mit, es inspiriert enorm. Obendrein sind auch eine Menge toller Tipps dabei oder du kannst vergleichen… wie arbeiten die im Studio…. oder solche Dinge. Wie gehen die da ran? Wie komponieren sie? Das bringt dich oft auf Ideen, einen neuen Ansatz zu finden oder seine eigenen Methoden zu überdenken.
Eric, du bist nicht nur Gitarrist und Musiklehrer, auch Musikjournalist und sogar Autor eines Buches. Sag mir ein bisschen über dein Buch.
Das Buch heißt „Talking Hands“ und es geht thematisch um moderne Leadgitarren-Techniken und Sologitarren-Techniken. Da gibt es gefühlt 17 Mio. Lehrbücher dazu und ich habe mich natürlich als Gitarrist und Lehrer mit den Büchern beschäftigt und weiß, dass es da ganz tolle Sachen gibt. Ich habe dann angefangen, zuerst im Internet Lehrartikel zu schreiben. Zuerst auf Deutsch, dann für eine internationale Website. Ich bekam sehr viel Feedback und fing an, alles was ich unterrichte, komplett neu zu überdenken. Dann habe ich meine ganzen veröffentlichten Artikel geordnet, strukturiert und bin sehr detailliert da ran gegangen. Es gibt den Plan, noch ein oder zwei weitere Bücher zu schreiben, von ganz einfachen bis zu sehr exotischen Sachen. Ich kann nicht in Etappen arbeiten und muss das möglichst ohne Pausen durchschreiben, dafür brauche ich Zeit. Wenn ich wegen Verpflichtungen, Terminen, Auftritten aufhören muss, kann ich dann immer wieder von vorne anfangen, deshalb schiebe ich das noch vor mir her.
Seit 2002 bist du Gitarrenlehrer bei der POW Musikschule in Bielefeld. Was ist der Schwerpunkt, den du deinen Schülern vermitteln willst? Worauf kommt es dir besonders an und wann würdest du sagen „Lass es sein, du hast leider keinerlei Talent?“
Die wichtigsten Sachen sind für mich Motivation, Inspiration und Individualität. Die ersten Schritte sind sehr schwierig und es braucht eine lange Zeit, bis man etwas zustande bringt, was gut klingt und einem gefällt. Deswegen ist es mir wichtig, dass von Anfang an sehr viel Inspiration da ist… und Disziplin ist sehr, sehr wichtig – den inneren Schweinehund überwinden und üben. Wenn ein Schüler rein kommt und hat ein Metallica-T-Shirt an, dann komme ich nicht und sage „Hey, wir spielen jetzt erst mal Folk-Songs oder Blues. Dann schaue ich, wie ich die Motivation halten kann und bringe ihm die ersten Griffe oder Riffs bei, anhand von Songs, die er oder sie mag. Es gibt allgemeingültige Sachen, die jeder Gitarrist zumindest einmal gelernt haben sollte, aber ich gehe auf die Individualität ein. Ich finde es schön, wenn ich bei einem Schüler einen eigenen Stil, Charakter oder eigene Seiten finde. Wenn du dir berühmte Gitarristen wie Mark Knopfler, Jeff Beck oder Carlos Santana anschaust, hätte es sein können, dass man ihnen jegliche Individualität weggebügelt hätte, wäre man streng nach dem Curriculum vorgegangen. Es geht mir darum, möglichst viel Musik zu machen und Songs zu spielen, ohne die Grundlagen außer Acht zu lassen und ein Verständnis für die Theorie zu vermitteln. Wenn ich merke, dass der Schüler keinerlei Motivation hat zu üben, dann würde ich auch das Handtuch werfen. Ich würde nie sagen „Du hast kein Talent oder kein Rhythmusgefühl“, aber wenn jemand nicht übt und andere Sachen wichtiger sind, dann macht es keinen Sinn. Heute ist es mit den ganzen sozialen Kontakten, Leistungsdruck, Ganztagsschulen usw. zunehmend schwierig und ich merke, dass sich da ein Trend der Ablenkung entwickelt hat. Früher musstest du Ausprobieren und versuchen, alleine zu üben, heute sind sie mehr mit Anschauen und Runterladen beschäftigt als mit Spielen.
Macht es dir Spaß, dein Fachwissen weiterzuvermitteln und denkst du, dass gerade das Weitergeben von Kenntnissen an junge Menschen einen echten Künstler ausmacht?
Das weiß ich nicht, ich kenne genügend Künstler, die weder unterrichten können noch wollen. Manche wollen über die Mechanismen nicht nachdenken, das ist auch ok so. Für mich ist es auch Inspiration für mich selbst. Ich schreibe gerne Etüden, da kommst du auf komplett neue Songideen oder meine Schüler bringen mich sogar mit vollkommen neuer Musik zusammen, die ich nicht kannte vorher. Ich freue mich sehr, unterrichten zu können und das ist nicht nur eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Ich erlebe sehr spannende Sachen und sehe wie sich Persönlichkeiten entwickeln, als Mensch und als Musiker. Wenn einer deiner Schüler auf der Bühne steht eines Tages und du steht im Publikum….und er spielt unglaublich schöne Sachen…das ist schön.
Eric, kommen wir zu deiner persönlichen, musikalischen Laufbahn als Gitarrist, da gibt es verschiedene Projekte und Kooperationen. Ich nenne mal die „Eric Vandenberg Band“, deine Arbeit als Gitarrist bei „Venus Meadow“, jede Menge Sessions sowie Songwriting-Zusammenarbeiten mit verschiedenen internationalen Musikern und Bands. Erzähle mir ein wenig über deine musikalische Laufbahn speziell im Bereich des Rock, Heavy Metal, Instrumental Rock.
Ich habe wegen Leuten wie Jimmy Hendrix, Pink Floyd, Jeff Beck, Joe Satriani und so mit der Gitarre angefangen. „Van Halen“ war wahrscheinlich sogar der Hauptgrund. Rock und Metal ist der Bereich, wo ich musikalisch her stamme. Ich habe mich aber auch relativ früh mit Blues beschäftigt und habe die Bands gehört, die meine Einflussgeber wiederum als eigene Vorbilder erwähnt hatten. Ich habe in verschiedenen Stilistiken gespielt und es gibt auch Zusammenarbeiten im Country Bereich, Blues-Bereich und an Pop-Rock-Projekten, bei denen ich am Songwriting oder Produktionen beteiligt war. Ich konzentriere mich auf die Eric Vandenberg Band, mit der ich CD´ s mache und auch live unterwegs bin. „Venus Meadow“ ist ein Symphonic-Metal-Projekt mit einer Sängerin und ich kann bei dem Orchester-Sound auch meine Einflüsse einbringen. Man kann in jedem Musikstil ganz tiefe Musik finden, die dich berühren kann, deshalb ist mein Musikspektrum recht weit. Man schränkt sich ein, wenn man nur eine Musikrichtung hört.
Deine erstklassige und hochprofessionelle Arbeit hat dir eine Menge Endorsements eingebracht, nach denen sich andere die Finger schlecken würden, u.a. für Ibanez Guitars, D’Addario, Strings Mesa Boogie Amplifiers, Planet Waves, Zoom Effects, Xotic. Das ist schon beeindruckend! Was bedeutet „Clinics?“ Sind das Workshops, wie ich es mit dir auf der Frankfurter Musikmesse gesehen habe?
Clinics sind Workshops und ich stehe auf der Bühne – meistens in einem Gitarrenladen oder Event-Raum – und stelle Gitarren und Verstärker vor. Zwischendurch erzähle ich Besonderheiten über das Instrument oder den Verstärker, aber hauptsächlich ist es Spielen, so dass die Leute hören können, was da raus kommt. Die Leute wollen hören, wie das klingt und wollen sehen, dass ich Spaß damit habe und es ausprobieren natürlich. Diese Endorser-Tätigkeit ist etwas, worauf ich sehr stolz bin und unglaublich dankbar. Es gibt so wahnsinnig viele gute Gitarristen da draußen und wenn dann eine Firma kommt wie Ibanez oder D´Addario, dann ist es schon so, dass man innerlich ein wenig auf die Knie fällt und danke sagt, zumal das Firmen sind, die mich die ganzen Jahre begleitet haben. Wenn wir an Joe Satriani denken, das ist jemand, der Ibanez Gitarren gespielt hat und ich selbst hatte diese Gitarren auf den Postern mit den Künstlern auf meiner Wand kleben. Ich wollte unbedingt eine Ibanez haben und habe in den Ferien Knochenjobs gemacht, um sie mir leisten zu können. Heute mit genau diesen Firmen zu kooperieren, das ist toll und ich möchte denen etwas zurückgeben, es ist ein Geben und Nehmen. Bei mir ist es so, dass ich diese Gitarren auch spiele und auch die Verstärker und so sollte es auch sein. Ich muss dahinter stehen.
Dein neues Album „Heavy Rootation“ ist gerade veröffentlicht. Es ist ein Instrumental-Rock-Album und ich finde es exzellent. Wieso hast du dich für ein Instrumental-Album entschieden und wie ist die Resonanz und wie sind die Kritiken bisher?
Vielen Dank erst einmal für das Feedback. Für Instrumental-Rock habe ich mich entschieden, weil es mein Metier ist. Ich bin kein sehr guter Sänger und alles, was ich schreiben würde oder in Lyrics verfasse, würde ich versuchen, auf der Gitarre umzusetzen. Diese Songs, die du auf „Heavy Rootation“ hörst oder auf anderen CD´ s oder bei den Songs, die ich auf Soundcloud veröffentliche… das sind alles Songs, die eine bestimmte Geschichte dahinter haben. Instrumental-Rock ist ein schwieriges Genre, weil viele denken, das hören nur Gitarristen, was nicht stimmt. Wenn du in Konzerte gehst von Steve Vai oder Joe Satriani, dann sind nicht nur Gitarristen da oder die Freundinnen von Gitarristen. In den USA läuft Instrumental-Rock auch im Radio. Ich versuche tatsächlich eine Geschichte oder ein Bild zu vermitteln. Die Rückmeldungen sind bisher sehr gut, was mich enorm freut. Ich bin sehr dankbar, wenn ich ein Feedback bekommen und sich jemand die Zeit nimmt, sich das anzuhören oder mir zu schreiben.
Welche Alben/ CD´ s sind mit oder von dir insgesamt erschienen?
Instrumental waren es zwei Alben, wobei das eine vergriffen ist und in Kürze neu überarbeitet wird. Die nächste EP ist auch schon in Arbeit. Dann gibt es das „Venus Meadow“-Album und unzählige Kollaborationen, Session- und Single-Arbeiten, wo ich zum Beispiel nur ein Solo beigesteuert habe oder einen Song mitgeschrieben habe. Wann immer jemand möchte, dass ich etwas beisteuere, ist es mir eine Ehre und ich gebe mir Mühe, etwas zu tun, was die Musik bereichert.
Einige der Songs hast du bereits für „Venus Meadow“ komponiert und geschrieben. Alle Songs auf diesem Album sprechen und erzählen eine eigene Geschichte. Es ist nicht einfach, all deine musikalischen Wurzeln und Inspirationen heraus zu hören. Doch ich nehme an, es sind Blues Rock, Instrumental Rock, Heavy Metal, Hardrock, Balladen? Hast du diese unterschiedlichen Einflüsse in „Heavy Rootation“ verpackt?
Ja, das sind schon die Haupteinflüsse und dadurch, dass ich in vielen verschiedenen Richtungen und Bands gespielt habe, fließen die verschiedenen Dinge mit ein. Klassik und Country sind große Einflüsse, was man bei vielen Melodien oder Akkordfolgen hört. Grundsätzlich sind es Blues, Rock, Hardrock, Metal aber auch Pop und ich glaube, dass bei fast allen Songs eine deutliche Melodie – eine singbare Melodie – zu hören ist. Ich bin kein Sänger, aber mag es, wenn du eine Melodie spielst, die auch nachvollziehbar ist und die die Leute mitsummen können.
Welche Geschichte steht hinter dem Album „Heavy Rootation“, das ja als Konzeptalbum definiert ist? Die Melodien und Arrangements haben sicher einen tieferen Sinn?
Konzeptalbum, das stimmt. Aber es ist keine Geschichte im Sinne des Konzeptalbums „The Wall“ von Pink Floyd. Wie der Titel schon sagt, ist es ein Wortspiel mit „Heavy Rootation“ im Sinne von „in Radiostationen gespielt zu werden, bis man es nicht mehr hören kann“ und gleichzeitig wollte ich das Wort „Wurzeln“ mit einbringen, weil ich viele Wurzeln auch auf dem Album verarbeite. Es sind Sachen dabei, die anders sind als alles, was ich vorher gespielt habe, was auch daran liegt, dass ich mit einer 7-saitigen Gitarre spiele. Es liegt auch ein bisschen am Songwriting mit Sebastian Kulik, der mir auch Ideen geliefert hat. Jeder einzelne Song hat eine Geschichte, ein Bild oder ein Erlebnis dahinter. Bei meinen eigenen Sachen ist die Herangehensweise so, dass es immer einen Sinn oder eine tiefere Geschichte haben muss, weil ich dann auch wirklich etwas zu erzählen habe. Es gibt Instrumental-Alben, die sehr auf Technik oder einer besonderen Tonart beruhen und bei mir beruhen Songs z.B. auf einem bestimmten Ort oder einer bestimmten Emotion. Das können auch Geschichten und Beziehungsgeschichten sein. Wichtig ist für mich, dass ich versuche, den Titel so auszuwählen, dass er aussagekräftig ist und die Leute sich im Kopf ein eigenes Bild dazu machen können. Hauptsache, es löst irgendwas aus.
Dein Können steht außer Frage, Eric. Du bist ein Ausnahmegitarrist. Was rätst du einem Gitarristen unbedingt, der in der Top-Liga spielen will? Oder andersrum: Was sind die größten Fehler eines Gitarristen, wenn er professionell Musik machen möchte und in der Szene der Musiker (auch Studioarbeit und „Hire-Jobs“) Fuß fassen möchte?
Da hat sich der Markt leider sehr verändert, damals gab es die Szene der Studiomusiker noch. Heute ist durch Studio-Software oder durch moderne Technik und durch die Möglichkeit, wenn du was schlecht spielst, dass du es wieder gerade biegen kannst, der Bedarf an Studiogitarristen sehr gering geworden. Der Markt ist schon vor mehreren Jahren gestorben. Generell ist der Einstieg ins professionelle Musikgeschäft ein harter Weg, weil es unendlich viele gute Musiker gibt und es sehr schwer ist, seinen Lebensunterhalt damit zu bestreiten. Als Musiker ist man oft innerlich sehr verletzlich und es ist schwierig mit Kritik oder Misserfolgen umzugehen, weil man so viel Liebe da reingesteckt hat. Es ist auch immer sehr viel Glück dabei, denn es gibt unglaublich viele gute und vielseitige Gitarristen, die hart arbeiten. Typischer Fehler ist, einen Tunnelblick zu bekommen und man muss sich definieren. Du kannst nicht alles können und es gibt niemanden, der ein absolut perfekter Klassik-Gitarrist, Flamenco-Gitarrist, Jazz-Gitarrist oder Metal-Gitarrist ist. Du muss deine Nische finden, damit man weiß, was man bekommt, wenn man dich bucht. Wichtig ist, zu entscheiden, habe ich einen Plan B oder habe ich nur Plan A? Eigentlich gibt es keinen Plan B, denn wenn du Plan B hast, ist Plan A immer mit einem Hintertürchen da und verwässert. Gleichzeitig kann Plan B eine gewisse Sicherheit geben. Ich kann niemandem sagen, was der richtige Weg ist. Obendrein muss man sehr viel Geduld haben und Professionalität, Pünktlichkeit und in der Lage zu sein, Kompromisse machen zu können. Und wenn man wirklich die Türe geöffnet kriegt, sollte man sich darüber bewusst sein, dass man auch mal Demut zeigen sollte und sich bedanken.
Stimmst du mit mir überein, dass sich die besten Musiker durch ein nahezu bescheidenes, freundliches und bodenständiges Verhalten auszeichnen und sind die KISS-Hype-Zeiten vorbei, in denen die Bands wie Götter angesehen wurden? Findest du, dass selbst große Bands umgelernt haben und wesentlich publikumsnaher und ansprechbarer geworden sind?
Es gibt immer noch das Phänomen, das einige große Bands wie KISS, VAN HALEN oder Metallica, die große Distanz wahren. Aber es gibt heute die Möglichkeit, direkt mit den Musikern zu kommunizieren, was früher kaum denkbar gewesen wäre. Es gibt immer noch eine Menge Musiker, die schwierig sind und auch sehr Geduldige, wie Steve Morse – einer der geduldigsten, kollegialsten und freundlichsten Typen, den ich kenne. Aber manche sind auch sehr eigen, um es vorsichtig auszudrücken. Es hat sich auch der Rahmen verändert dadurch, dass viele große Bands in kleineren Venues spielen, aber im Endeffekt ist es immer noch die Romantik. Die Band spielt ihren Auftritt, steigt in den Tourbus und ist nach dem Auftritt schon wieder unterwegs in die nächste Stadt. Diese Romantik gibt es auch noch.
Wer hat dich im Laufe deiner musikalischen Arbeit als Gitarrist am meisten beeindruckt?
Auf persönlicher Ebene versuche ich immer noch meinem Großvater nachzueifern, der mich sehr geprägt hat. Was Persönlichkeiten unter den Musiker angeht, ist es wohl Steve Morse, der ein unglaublich warmer und glaubwürdiger Mensch ist. Er ist wirklich jemand, der seine Kunst liebt. Ein weiterer Gitarrist, den ich gerne erwähnen möchte ist John Mayer, der ein absolut klasse Gitarrist und toller Sänger ist, unglaublich gute Musik schreibt und als Mensch eine Bereicherung ist.
Soweit ich weiß, stehst du hinter deinen Communities, nimmst direkten Kontakt zu deinen Fans auf und scheust dich nicht, deine neue CD handsigniert mit „Custom pick“ direkt zu verschicken. Das kommt gut an und spricht für eine direkte Kommunikation und Interaktion mit dem Publikum. Sind das die Gründe oder gibt es für dich auch noch andere?
Ich weiß nicht, wie es wäre, wenn nun täglich 1000 CD´ s geordert würden oder 1000 Anfragen da wären, dann würde ich wohl sagen: „Zwischendrin möchte ich gerne mal wieder spielen und an Songs arbeiten.“ Ich bin immer sehr dankbar und nehme es nicht als gegeben, wenn Leute sich für mich und meine Musik interessieren. Ich nehme mich nicht so wichtig und bin einfach ein weiterer Gitarrist, der Instrumental-Rock macht. Insofern bin ich immer dankbar und schreibe natürlich jederzeit gerne persönlich zurück. Bei so viel Aktivitäten mit Unterrichten, Clinics, Üben, Songs schreiben, Zusammenarbeiten o.ä. ist es ein bisschen schwierig geworden und insofern tut es mir immer leid, wenn eine Antwort sehr lange dauert oder ich nicht so genau auf alles eingehen kann.
Passiert es dir oft, dass du in einen Topf geworfen wirst mit WHITESNAKE?
Ja, das passiert mir sehr oft, was auch kein Wunder ist, weil der Name Eric Vandenberg nahe dran ist an Adrian Vandenberg und ich habe es schon erlebt, dass mir Leute geschrieben haben, wie sie mit einer Freundin bei einem WHITESNAKE-Konzert 1987 waren und ich eine Beziehung durch ein Gitarren-Solo ins Rollen gebracht habe. Für mich ist das immer ganz schwierig und ich schreibe zurück, dass das wohl ein Missverständnis sei. Es tut mir auch immer sehr leid und ich habe immer zwei bis drei „Whitesnake“-Songs im Repertoire, die ich spielen kann, aber eine Familien-Verwandtschaft gibt es nicht zwischen uns.
Wohin geht dein Weg? Was willst du erreichen, was wäre dein Wunsch?
Das genießen, was ich jetzt mache. Ich arbeite dauerhaft an neuen Songs, an neuen Ideen und meiner Musik. Ich bin unglaublich gerne unterwegs und versuche das weiter zu entwickeln, was ich mache.
Ist bereits ein Nachfolge-Album von „Heavy Rootation“ geplant und kannst du uns schon etwas über deine kommenden Ideen verraten?
Ja, es ist geplant und ich plane auch, auf ein anderes Format zu wechseln. Bei „Heavy Rootation“ waren 18 Songs auf der Liste, die wir auf 13 reduziert haben. Ich würde gerne – statt mit einem gesamten Album – mit einer EP arbeiten, d.h. dass ich 4, 5 oder 6 Songs veröffentliche und dann sofort an den nächsten Songs arbeite. Grund dafür ist, dass man thematisch arbeiten kann und vielleicht habe ich ja nur 4 oder 5 Songs mit dem Konzept. Zweitens es ist schneller, denn „Heavy Rootation“ hat relativ lange gedauert.
Was kommt jetzt? Sind Live-Gigs geplant und wenn ja, wo? Soweit ich weiß, wirst du eine „Clinics“ für Mesa Boogie machen und spielst auf dem „Summer Rock Weekend“/ Rockland Music in diesem Jahr?
Clinics gibt es von mir öfters und die werden mit einigen Wochen Vorlauf bekannt gegeben und sind immer eine gute Gelegenheit, die Songs von meinem Album live zu hören. Es ist ein relativ schwieriges Metier mit Instrumental-Rock in Deutschland live zu spielen. Mit „Venus Meadow“ würde ich gerne wieder live spielen.
Wenn du einen Gedanken hast, etwas Positives zum Thema Musik, Kultur und Kreativität beizutragen, was wäre deiner Meinung nach das Wichtigste?
Das Wichtigste ist, dass man keine Angst davor hat, sein Innenleben zu zeigen, das ist ein relativ schwieriges Ding. Wann immer man im künstlerischen Bereich tätig ist und es spielt keine Rolle was es ist, dann sollte man 100%ig an sich glauben. Man sollte bereit sein, alles zu geben und sich zu offenbaren und ich glaube, es kommt dann auch immer beim Publikum an.
Muss man privat oder als Mensch etwas entbehren, wenn man derart in das Musikbusiness involviert ist?
Oh ja, oh ja! Auf jeden Fall und das ist nicht als Beschwerde gedacht, aber ich finde es immer interessant, wie die Leute reagieren, wenn man sagt, man sei Berufsmusiker. Vielen Leuten ist nicht bewusst, dass das Musikerleben jeden Tag harte Arbeit an der Musik ist, an den Wochenende in den Proberäumen, stundenlang an Songs arbeiten usw. Schau dir die Hobbymusiker-Szene an, die die ganze Woche beschäftigt sind und dann am Wochenende im Proberaum sitzen. Bei uns Berufsmusikern fragt man automatisch: „Welches Sozialamt ist denn für dich zuständig?“, wenn man nicht gerade Orchester- oder Klassik-Musiker ist. Ich liebe das, was ich mache und ich würde nie einen „gesicherteren Job“ haben wollen, damit ich meine Kohle habe und abends Casting-Shows gucken kann. Profimusiker verbringen viel Zeit alleine mit der Musik, stundenlang. Für den Hobbymusiker ist es noch schwieriger, der nebenbei eine Familie zu versorgen hat oder jeden Tag noch seinen Job machen muss. Es ist nicht einfach, sich hoch zu arbeiten, aber wir machen es gerne. Natürlich hast du Dürrephasen und es ist privat bestimmt nicht einfach, mit einem Musiker zusammen zu sein.
Ja, leider meine letzte Frage, Eric. Sag mir bitte einen Satz, der für dich als Musiker, als Mensch oder für dein musikalisches Schaffen als eine Art Ideologie steht.
Gott gibt jedem von uns einen Song.
Vielen Dank für dieses ausführliche und interessante Interview, lieber Eric. Wir wünschen Dir persönlich und für all deine Projekte weiterhin viel Erfolg.
Ich danke dir, liebe Petra. Das hat mir viel Freude gemacht. Danke schön.
Dieses Interview wurde als separate Audio-Version direkt von Eric Vandenberg und tool4spirit / Michael Homa, Petra M. Jansen mitgeschnitten und kann auf Soudcloud ausführlicher und in voller Länge angehört werden.
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© Petra M. Jansen
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ERIC VANDENBERG (guitarist, singer, songwriter) |
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